Der vorliegende Band versammelt 16 BeitrAcge, die auf einen internationalen Workshop zurA¼ckgehen, der im Herbst 2001 in Innsbruck stattfand. Der Workshop stand im Kontext eines seit 1999 von den Herausgebern in Innsbruck betreuten lAcngerfristigen Projektes, das sich mit der Analyse der 'formativen Phasen' in der Genese der als griechisch verstandenen Kultur beschAcftigt. Als aformativ' - so eine Grundthese - sind in diesem Zusammenhang nicht nur die Archaik im engeren Sinne, sondern auch die 'homerische Zeit' sowie die so genannten Dark Ages einzuschActzen. Dieses breit angelegte VerstAcndnis von dem, was als formativ fA¼r die spActere griechische Kultur zu gelten hat, hat eine besondere Betonung der InterdisziplinaritAct der verschiedenen altertumswissenschaftlichen Forschungsrichtungen zur Folge. Es fA¼hrt aber auch dazu, daA die einzelnen Fragestellungen nicht allein unter der Perspektive ader Griechen' angegangen werden kApnnen, sondern eine differenzierte SchAcrfung durch die Anwendung neuer - anthropologisch orientierter - theoretischer Modelle finden mA¼ssen. Zwei Forschungserkenntnisse jA¼ngeren Datums sind hierfA¼r von grundlegender Bedeutung. Es ist erstens der Volksbegriff als sinnvolle historische Kategorie in Frage zu stellen, weil sich der aus der Zeit der Romantik stammende Terminus wissenschaftlich nicht ausreichend klar definieren lAcAt. Er wird durch das Konzept der Ethnogenese ersetzt, mit dem auch die der modernen Migrationsforschung entgegenlaufende Vorstellung von (ein)wandernden StAcmmen abgelApst werden kann. Zudem sind zweitens auch der mit dem Volksbegriff eng verknA¼pfte Terminus der aKultur' zu problematisieren, weil er unter dem begrA¼ndeten Verdacht steht, zu Achnlichen Schwierigkeiten wie der Volksbegriff zu fA¼hren. Gerade weil diese PrAcmissen inzwischen von einem betrAcchtlichen Teil der modernen Forschung geteilt werden, und das 'Volk' als historischer Wirkfaktor immer mehr ausgeblendet wird, ist es auffAcllig, daA die bunte Welt zwischen Ionischem und AgAcischem Meer in der Forschung nach wie vor weithin als 'griechisch' aufgefaAt wird. Obwohl die Rahmenbedingungen fA¼r diesen Raum theoretisch erfaAt, die in ihm vorhandenen verschiedenen Entwicklungsprozesse und Entwicklungsgeschwindigkeiten analysiert und die gewonnenen Erkenntnisse in ein immer detaillierter werdendes Raster eingepaAt wurden, blieb all das dennoch auf eine meist als 'griechisch' verstandene Welt als GrApAe sui generis bezogen. Als spActestens seit den eine markante ZAcsur in der Forschung bedeutenden Arbeiten von Walter Burkert auch die Levante als Wirkkraft vor allem fA¼r den Apstlichen Mittelmeerraum nicht mehr zu leugnen war, wurde diese Konzeption, bei aller positiver Rezeption, chronologisch und thematisch marginalisiert. Nur die schon lAcnger nicht A¼bersehbare literarische Beeinflussung, wie immer man deren AusmaA auch definieren mochte, stand weitgehend auAer Streit, auch wurden Impulse fA¼r Religion und Mythos konzediert. Damit schienen die wesentlichen Kontaktzonen schon hinreichend abgesteckt. Der Bereich des Politischen hingegen wurde - von der Frage der Genese der Polis abgesehen - nicht in diesen Zusammenhang eingepaAt. Auch soziale und institutionelle PhAcnomene fanden unter dieser Perspektive kaum Beachtung. Diese extrem selektive Akzeptanz externer Impulse auf die Genese ader Griechen' wird von einer Achnlich extremen Eingrenzung der Kontakte mit der Levante auf ein ganz enges Zeitfenster begleitet, auf die qorientalisierende Phaseq des homerischen Zeitalters. Dieser Terminus gibt schon den Blick darauf frei, daA die lAcngerfristigen ZusammenhAcnge und Entwicklungen der archaischen Geschichte Griechenlands weiterhin als PhAcnomene eines vorwiegend griechisch induzierten Prozesses verstanden wurden. Die Grundtendenz, keine diachrone und thematische Erweiterung auf der Suche nach mApglichen Kontakten und EinflA¼ssen zuzulassen, ist auch in neueren Aberblicksdarstellungen deutlich spA¼rbar anwesend. So stellt es nach wie vor ein Desiderat der Forschung dar, diese Begrenzungen aufzubrechen. Mit dem vorliegenden Band wird - teilweise direkt auf dem VorgAcngerband qWege zur Genese der griechischen Archaik, Berlin 1996q aufbauend - ein weiterer Schritt in die Richtung gesetzt, die innergriechischen Entwicklungen unter einem rAcumlich wie chronologisch mApglichst breit angelegten Blickwinkel zu betrachten. In den einzelnen Studien des Bandes werden daher bewuAt nicht nur literarische und religiApse PhAcnomene, sondern mApglichst viele Bereiche des sozialen, politischen und Apkonomischen Lebens aus den genannten formativen Phasen behandelt. Auf der Grundlage dieser Analysen sollte klarer als bisher erkennbar werden, inwieweit die Ausbildung der griechischen Gesellschaften und Kulturen und besonders auch deren VerAcnderungen auf einen - grundsActzlich stets zu gering veranschlagten - orientalischen EinfluA zurA¼ckgehen. Das alle Studien leitende Thema, innergriechische Entwicklungen im Lichte eines umfassenden mediterranen Zusammenhangs zu sehen, soll es erleichtern, interne agriechische' Gegebenheiten von externen anicht-griechischen' Impulsen schAcrfer abzugrenzen. So sollte auch ein prAcziseres Bild einzelner PhAcnomene und ganzer Entwicklungen zu gewinnen sein. Wer sich auf derartige Studien einlAcAt, tut gut daran, sich der wissenschaftsgeschichtlichen und theoretischen Bedingungen, unter denen die eigene Forschung stattfindet, zu vergewissern. Die genannten Forschungsinteressen und -notwendigkeiten fA¼hrten daher folgerichtig zu einer Dreigliederung des vorliegenden Bandes in: 'Theoretische Aspekte', 'Entwicklungen in Griechenland', 'Externe Impulse'. Aus dem Inhalt: I. Theoretische Aspekte J. M. Hall: Culture, Cultures and Acculturation Ch. Ulf: Die Instrumentalisierung der griechischen FrA¼hzeit. Interdependenzen zwischen Epochencharakteristik und politischer Aberzeugung bei Ernst Curtius und Jakob Burkhardt B. Eder: Antike und moderne Mythenbildung: Der Troianische Krieg und die historische Aberlieferung L. Thommen: Der spartanische kosmos und sein qFeldlagerq der homoioi. Begriffs- und forschungsgeschichtliche Aberlegungen zum Sparta-Mythos II. Entwicklungen in Griechenland E. Kistler: qKampf der MentalitActenq: Ian Morris I qElitistq - versus qMiddling-Ideologyq W. Scheidel: GrAcberstatistik und BevAplkerungsgeschichte: Attika im achten Jahrhundert E. Wirbelauer: Eine Frage von Telekommunikation? Die Griechen und ihre Schrift im 9.-7. Jahrhundert v. Chr. R. Bichler: Das chronologische Bild der qArchaikq in der Historiographie der griechischen Klassik A. MApller: Elis, Olympia und das Jahr 580 v. Chr. Zur Frage der Eroberung der Pisatis K. A. Raaflaub: Zwischen Ost und West: PhApnizische EinflA¼sse auf die griechische Polisbildung? A. BernabAc: Hittites and Greeks. Mythical Influences and Methodological Considerations W. Schmitz: Griechische und nahApstliche Spruchweisheit. Die Erga kai hemerai Hesiods und nahApstliche Weisheitsliteratur G. Lorenz: Asklepios, der Heiler mit dem Hund, und der Orient III. Externe Impulse R. Rollinger: Die Verschriftlichung von Normen: EinflA¼sse und Elemente orientalischer Kulturtechnik in den homerischen Epen, dargestellt am Beispiel des Vertragswesens B. Patzek: Griechischer Logos und das intellektuelle Handwerk des Vorderen Orients P. W.Haider: Kontakte zwischen Griechen und Agyptern und ihre Auswirkungen auf die archaisch-griechische WeltSchaudig 2001 = H. Schaudig, Die Inschriften Nabonids von Babylon und Kyrosa des GroAen samt den in ihrem ... Tigay, On Evaluating Claims of Literary Borrowing, in: M. E. Cohen/D. C. Snell/D. W. Weisberg (Hg.), The Tablet and the Scroll.
Title | : | Griechische Archaik: Interne Entwicklungen – Externe Impulse |
Author | : | Robert Rollinger, Christoph Ulf |
Publisher | : | Walter de Gruyter GmbH & Co KG - 2004-01-01 |
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